Nach der Feier geht es an einen geheimen Ort
So mancher Handballer fühlte sich beim Aufstieg in die Regionalliga "wie bei einem Champions-League-Finale". In den nächsten Tagen kosten die Allgäuer den Erfolg so richtig aus.
Nach zehn Jahren ziehen die Handballer der MTG Wangen wieder in die Baden-Württemberg-Oberliga (BWOL) ein, die künftig Regionalliga heißen wird. Im Ausnahmejahr der Relegationsspiele für alle im Kampf um den Aufstieg war es bis zur letzten Sekunde Spannung pur, wer den Sprung schafft. Wangens Kampfgeist entschied am Sonntag die Begegnung auf Augenhöhe gegen den Meister aus der Südbadenliga, den TuS Steißlingen, mit 29:28 (17:17).
Siegtreffer fällt zwölf Sekunden vor dem Ende
Ein Auswärtstor mehr war im Relegationsrückspiel im lautstarken Sportpark Mindlestal das Zünglein an der Waage nach der 27:28-Niederlage der Wangener im Hinspiel in der Hölle Süd. Zwölf Sekunden vor Schluss fiel der Siegtreffer, anschließend hielt MTG-Torwart Mika Jaeschke den Aufstieg mit einer Parade fest.
Die MTG feierte mit ihren Fans und zog sich die T-Shirts mit der Aufschrift „Aufsteiger Hölle Süd“ über den Kopf. Jubelnd warf die Mannschaft ihren scheidenden Trainer Sebastian Staudacher in die Luft, begleitet von Sprechgesängen im Chor. „Ich bin einfach nur glücklich. Glücklich, dass ich mit maximalem Erfolg mein Amt niederlege und an Tobias Müller übergeben darf“, sagte Staudacher überwältigt von der „fantastischen Willensleistung“ und dem „Siegergen“ seines Teams. „Damit wird es schwer, uns zu schlagen.“
Keine Mannschaft kann sich absetzen
Bis zur Pause war in Hälfte eins nicht abzusehen, wer der Favorit in der Begegnung ist. In einem zähen Ringen setzte sich Wangen mit einem kleinen Vorsprung von 12:10 in der 20. Minute kurzfristig etwas ab, aber Steißlingen egalisierte immer wieder und blieb hartnäckig. Mit 17:17 ging es in die Kabine und nach dem Seitenwechsel steigerte sich die Intensität zunehmend. Nach der 22:21-Führung (43.) gelang den Allgäuern über sechs Minuten kein Treffer mehr. Das Staudacher-Team scheiterte an Steißlingens Torwart Leon Sieck „oder am Pfosten, oder am Unvermögen“, resümierte der MTG-Trainer.
Wenn man den letzten hält, ist alles egal.
MTG-Torwart Mika Jaeschke
Die Gastgeber gingen mit einem Tor in Führung, bis Nils Hindelang mit seinem Ausgleichstreffer (23:23, 49.) Wangen zurück ins Spiel brachte und zwei Tore von Aaron Mayer den Allgäuern wieder einen Vorsprung brachten (27:25). Doch Steißlingen gab nicht auf. Niklas Ruß glich zum 28:28 in der 59. Minute aus. Aus dem Handball-Krimi wurde ein Thriller, den Yannik Schopp wenige Sekunden vor der Schlusssirene mit seinem Tor etwas entspannte. Aber noch war nichts sicher. Steißlingen war im Ballbesitz, doch MTG-Torwart Mika Jaeschke parierte in der letzten Sekunde den Angriff der Gastgeber mit dem Kopf: „Wenn man den letzten hält, ist alles egal, was davor passiert“, sagte der Torhüter überglücklich lachend.
Dieser Bruchteil von einer Sekunde ließ Wangen jubeln und Steißlingen scheitern. „Am Ende ist es natürlich glücklich. Es sind null Tore Differenz und er hält den Kopf rein und entscheidet das Ding. Steißlingen hätte es für mich auch verdient gehabt“, bedauerte Staudacher fair.
Ich bin sprachlos, das war ein brutal intensives Spiel.
Aaron Mayer, Kapitän der Wangener
Der Sieg in letzter Sekunde ließ auch Kapitän Aaron Mayer nach Worten suchen: „Ich bin etwas sprachlos. Es war ein brutal intensives Spiel. Ein Auf und Ab auf beiden Seiten. Ich finde, wir waren heute die bessere Mannschaft, machen uns aber das Leben selber schwer mit um die 20 Fehlwürfen. Aber am Ende gehen wir als Sieger vom Platz, knapper geht es nicht.“
Eine unglaubliche Saison ging am Sonntag zu Ende. Wangen marschierte als Aufsteiger direkt durch die Württembergliga zur BWOL durch. In der kommenden Saison wird es in der Regionalliga einige Veränderungen im Team geben. Neben Staudacher werden auch die Spieler Tim Geyer, Nils Hindelang und Felix Mendler nicht mehr dabei sein. Mendler fühlte sich bei seinem Abschied am Sonntag wie bei einem „Champions-League-Finale“: „Es war unbeschreiblich. Ich habe gar keine Worte dafür. Vor der Saison haben wir das nicht erwartet.“
Mitte Juni bittet der neue Coach zum Trainingsauftakt
Jetzt folgt erst mal eine vierwöchige Pause für alle, in der es traditionell bereits am Mittwoch in den Mannschaftsurlaub geht. Das Ziel ist wie immer ein Geheimnis und bleibt bis zum Schluss eine Überraschung. „Wir fahren abends los. Ich vermute, wir fahren zwölf Stunden und kommen morgens im Süden an“, spekulierte Mendler.
Mit Tobias Müller als neuem Trainer beginnt für die zukünftigen Regionalligisten Mitte Juni wieder der Trainingsalltag.
MTG: Hölle, Jaeschke; Geyer (8 Tore), A. Mayer (7, 4 Siebenmeter/1 Tor), Hindelang (4), E. Mayer (4), Weber (2), Schopp (2), Mendler (2), Fischer, S. Natterer, Mücke, A. Natterer, Kraft.